Susanne Wind, geboren in Hamburg 1965, malte nach dem Studium der Malerei viele Jahre pleinair – auf Mallorca, in Dänemark und in Norddeutschland. Erst mit ihrer Übersiedelung in die USA, nach Pennsylvania im Jahr 2000, wurde sie allerdings malerisch häuslich und zog in ein Atelier.
Seit 2003 lebt die gebürtige Hamburgerin nun wieder in ihrer Heimatstadt und hat ihr Atelier in Hamburg-Ottensen.


Sie verbindet die Atelierarbeit und das Pleinair insofern miteinander, dass sie mit der Fotokamera jagdgleich auf Motivfindung geht und diese Motive im Atelier in ihre Bilder übersetzt.
Das Wesentliche des Plenair, nämlich etwas so zu nehmen, wie es eben kommt, wird dabei beibehalten. Der Ausschnitt, das Licht, der Schatten, die vorgefunden Komposition wird übernommen.
Das Frieren in kalter Landschaft, die Rückenschmerzen durch stundenlanges Stehen, die Eile beim Einfangen des Lichtes und die Abhängigkeit vom sonstigen Wetter aber nicht.

Derart ungequält vollbringt Susanne Wind ihre Übersetzungsleistung der gesehenen Dreidimensionalität, über das Zweidimensionale des Fotos auf die Leinwand. vortrefflich, indem sie die Essenz des Gesehenen verarbeitet. Es entsteht ein Bildkonzentrat, eine Motivesszenz.
Zu ihrer Arbeitstechnik gehört dafür auch die Verwendung von Eitempera als eine der ältesten Methoden, um Farbe herzustellen.

Grundstock des Malens in Eitempera ist eine Mischung aus eben einem Ei, Leinöl und in Terpentin gelöstes Harz, das mit Farbpigmenten vermischt wird. Anders als bei fertigen, industriellen Farben, entstehen so Farben von höchster Individualität.
Der schichtweise Auftrag und das relativ langsame Durchtrocknen erlauben es der Künstlerin, durchscheinende Farbaufträge miteinander zu kombinieren. Das gibt dem Bild Tiefe und eine lichte Seele.

Es entsteht der Eindruck, als malte Susanne Wind ihre Bilder “aus Licht, Wind und Jahreszeiten anstelle von Farben” (A. Ruthemann).
Daraus ergibt sich die Wärme und Stille des JETZT auf beruhigende Weise, als kristallin-stabiler Punkt im Auge des Sturms heutiger Zeit.

Wir Menschen sind zu 99 % damit beschäftigt, im Gestern oder Morgen zu leben. Wir denken über Vergangenes nach, käuen es wieder, träumen es um oder klammern uns daran fest.
Oder wir springen in die Zukunft, machen Pläne und entwerfen Abläufe und kommen doch niemals an. “Gleich werde ich”, “Wenn ich das und das getan habe, dann mache ich”…”Morgen will ich”…Tatsächlich weiß niemand von uns, ob es so ein Gleich geben kann. Und ob wir dann noch hier sind.
Niemand hat so ein “Gleich” oder “Morgen” je gesehen oder angefasst. Und niemand hat je ein “gestern” gesehen oder angefasst. Es ist nicht real, sondern nur in unserem Kopf.

Aber alles, was ist, ist das Jetzt. Ein kleiner Moment in der Zeit und doch ein großer Anker darin. Und es ist Lebenskunst, den Bienenschwarm von Gedanken an gestern und morgen zum Halten zu bringen. Sie drehen sich nämlich unermüdlich. Wie tausend kleine Brummkreisel, immer um ihre eigene Achse.

Susanne Winds Bilder bringen diese Kreisel zum Stehen, sie sind Augenblick und Innehalten im Jetzt.
Das geschieht durch ihr lichtes Farbenspiel und durch die Abwesenheit von Menschen darin. Stille wird fühlbar.
Und selbst wenn in dieser Ausstellung einmal Menschen darin erscheinen, sind sie gesichtslos, Figuren im Motiv, nicht das Motiv selbst.
Bei den Menschen muss man unterscheiden zwischen Erwachsenen und Kindern. Die Erwachsenen sind zumeist in Rückenansicht gemalt, dder so klein, dass man sie kaum als Menschen erkennen kann. Wenn sie sich bewegen, bewegen sie sich oft in das Bild hinein, weg von uns als Betrachter*innen, die auf (oder in?) das Bild sehen. Wir werden dadurch mit hineingezogen, geraten weiter hinein in das Bild, denn wir folgen der Bewegung im Geiste. Das hat was Hypnotisches.
Die Kinder, die hier erscheinen, sind dagegen als Metapher zu verstehen. Metapher für das, was wir selbst einmal über uns dachten, was wir machten, was in Teilen noch in uns steckt und was wir wieder entdecken können.

Konzentriert in der einen Entdeckung gefangen (Muschelsucher), in Lebensfreude springend, einfach so, weil es Spaß macht (Take off) , mit Schwung auf der Schaukel durch die Luft sausen, ins Spiel vertieft sein….
Kinder gehen diesen Tätigkeiten einfach so nach. Es muss keine Deadline eingehalten werden, kein Ziel erreicht , kein Projektplan umgesetzt werden. Diese Tätigkeiten sind sich selbst genug und sie geschehen inmitten der Natur. Am Strand, in den Dünen, im satten Grün von Bäumen und Wiesen.
Natur ist dabei kein anderes Wort für Draußen, sondern ein Ort der Ruhe, eine Kraftquelle, an die wir uns anbinden können, indem wir uns wie die Kinder hineinbegeben. Mit allen Sinnen genießen, einfach so.

Auch die Wahl von Motiven wie Wäsche im Wind, das im Zeitalter von Wäschetrocknern fast schon ein romantisches Motiv ist, trägt dazu bei. Die Wäsche macht den Wind sichtbar, die beiden tanzen miteinander. Der Wind führt und die Wäsche folgt. Man hört beinahe das leichte Knattern, das dabei entstehen kann. Die Wäsche gibt sich ganz der Bewegung hin, übergibt die Feuchtigkeit an den Wind und läßt sich tragen. Auch das in üppiger Natur, über langem Gras, das durch keine Rasenmäher oder trampelige Füße in ihrem Wuchs gestört wurde. Kraft und Licht sind begleitende Wesen dieser kleinen Alltäglichkeit, die alles in allem etwas Besonderes geworden ist.

Susanne Winds Bilder sind Oasen im hektischen Alltag und jedeR tut gut daran, sich ein solches Bild in das Büro und die Wohnung zu hängen, als Anker im Jetzt, als Medizin gegen die Brummkreisel, die uns mit ihrem Summen irre machen können.
Und nun wünsche ich Ihnen eine schöne Jetzt-Zeit mit diesen Bildern.

(Maike Brzakala für die Galerie Göldner, 3.3.2018)

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