Die Rede zur Ausstellungseröffnung am 25.11.2017

Tobias Duwe entstammt aus einer 5-köpfigen Künstlerfamilie, in der für alle die zweite Muttersprache Malerei war oder ist.
Er studierte das Handwerk dann auch offiziell in Hamburg in der heutigen Hochschule für Angewandte Wissenschaften bei Prof. Tom Knoth und Prof.in Almut Heise und schloss sich bald darauf den Norddeutschen Realisten an.
2011 erhielt er den Verdienstorden des Landes Schleswig-Holstein, 2013 den Kunstpreis der Schleswig-Holsteinischen Wirtschaft für die Gruppe der Nordeutschen Realisten.

Als ich Tobias Duwe zum ersten Mal treffen sollte, wusste ich nicht so recht, wonach ich Ausschau halten sollte. Ich habe dann auf Verdacht einen fremden Mann mit farbbefleckten Anorak probeweise mit “Tobias” angesprochen, der sich gerade den Matsch von seinen Schuhe schlug. Er sah mich erstaunt an, ganz so als hätte ich ihn geweckt, was mir Zeit gab, mich kurz zu erklären.
Ich war auf der Suche nach ihm, um ein paar Fotos zu machen von seinem Plein Air in Bordesholm. Erwartet hatte ich ihn eigentlich an der Klosterkirche, gefunden habe ich ihn im Klint. Sofort öffnete er den Kofferraum seines Wagens, hielt mir ein kleines Bild vor das Gesicht und zeigte mir den Klint, wie er ihn sah.
Dann war es an mir, ihn staunend anzusehen, denn obwohl ich beinahe jeden Tag dort bin, habe ich genau das so noch nie gesehen.
Tobias Duwe sah sich kurz um, verstaute das Bild wieder und drängte gleich wieder zu Aufbruch.
“Ich will noch schnell zum See, bevor die Sonne zu weit herum kommt. Die frisst die Schatten auf, das muss jetzt schnell gehen.”

Schon ging es auch weiter, ab an den See zu den liegenden Bäumen, bei uns intern Drachenbäume getauft, woanders auch schon mal “trinkende Bäume”.
Während ich schon mit der Kamera auf ihn wartete, kam er mit seinem kleinen mobilen Atelier angefahren. Kaum hatte er das Wägelchen abgestellt, riss er seine Hände hoch, formte einen Rahmen und hielt ihn sich vor die Augen. Beinahe sprang er selbst hindurch, dann von einem Bein auf das andere, wieder zurück und hin und her. Ich musste an Rumpelstilzchen denken.
Meine Kamera sah ihm zu und nahm die Verfolgung auf. Dann endlich klappte er das Wägelchen auseinander, stellte eine Leinwand hinein, holte die Farbpalette hervor und begann sofort zu malen. Wir sprachen über Sonne und Schatten, die Demokratie im Allgemeinen, Frankreichs brutales Vorgehen gegen Natur und das Ausblenden von störenden Elementen wie zum Beispiel mein Fahrrad, das am Rande des Motivs stand.

Tobias Duwe malt schnell. Er ist anders als bei manch einer seiner Kollegen, weniger akribisch dabei, gerne auch ohne Brille, damit “er nicht soviel sieht” wie er selber sagt. Weniger akribisch heißt aber nicht weniger korrekt.
Es ist vielmehr auf das Wesentliche konzentriert.
Perspektive, Ausschnitt und schneller Strich braucht unbedingte Präzision in der Bewegung, im Kontakt des Pinsels mit der Leinwand.
Heraus kommt zwar ein realistisches Bild, aber eben kein genaues Abbild dessen, was vor ihm steht.

Das Motiv erfährt im Prozess des Malens eine Transformation, es geht über in die Dynamik, in die Energie, die den Gegenstand umgibt.
Gleichzeitig sind die Bilder so aufgebaut, dass unser Auge hindurchgeführt wird, es gibt stets einen Weg darin, den wir sehend entlangschreiten können.

Zum Beispiel das Bild von den Bäumen am Bordesholmer See. Alle Bäume sind nach links geneigt und der Weg führt nach rechts aus dem Bild heraus. Diese Bewegungs-Achsen erzeugen eine Spannung in der Wahrnehmung, die fühlbar vibrierend ist. Kräftige Farben unterstützen das.
Und gerade bei diesem Bild ist mir außerdem etwas passiert, was ich sonst eher nicht tue.
Wie auf der Suche nach der Auflösung des Zaubertricks, habe ich mich seitlich neben das Bild gestellt und von dort aus schräg über die Leinwand geguckt. Ich fand ein beeindruckendes Farbenmeer, mit Schaumkronen auf den Wellen. Von der Seite aus betrachtet kunterbunt und wild, von vorne dann wieder auf seine spezielle Art geordnet und zu einem Motiv verwoben. Probieren Sie das einmal aus!

Wenn wir uns auf diese ungewohnte Perspektive in der Betrachtung einlassen, greifen wir auch einen “Zaubertrick” von Tobias Duwe auf, der gerne auch andere Sichtweisen ausprobiert, denn
“(Zitat) Man täuscht sich oft in dem, was man sieht, weil sich vorgefertigte Bilder in die Wahrnehmung schieben – Quelle: https://www.shz.de/18294511 ©2017)”
Wenn man dagegen wie Duwe die feinen Nuancen in den Farbtönen aufgreift und denen auf den Grund geht, ihnen nachspürt und sie auf der Leinwand komponiert wie man es bei der Musik ähnlich macht, dann gelangt man an die Emotionen. Der Verstand hat dann mal Pause, denn der redet nur störend dazwischen.

Der ungewöhnliche Blick auf und durch die Kirchhofallee ist Grundlage für diese Gedanken. Wieder neigen sich die Bäume etwas nach links, wieder geht die Straße leicht nach rechts und am Ende der Straße steht das weiße Haus mit seinen hölzernen Wimpernfenstern. Es ist auch ein Bruch mit Erwartungen, die ein Alleebild für gewöhnlich weckt. Hier sind zwar auch schöne Bäume, fein aufgeräumt und am Ende das Licht, aber das Licht am Ende des Baumtunnels ist einmal eben das Haus und dann noch ein Auto, an dem die Scheinwerfer eingeschaltet sind. Der Einbruch der Zivilisation in die Idylle stört nicht einmal, so dezent ist sie platziert. Es gibt übrigens noch ein weiteres kleines Detail in diesem Bild, das man leicht übersehen kann, aber das müssen Sie bitte selber finden.

An weiteren Bildern aus dieser Gegend finden Sie noch das Pastorat von der Bucht aus gesehen, das Triptichon der Landschaft auf dem Weg nach Bissee, und verschiedenen Ansichten und Zeiten im Klint .

Tobias Duwe malt in seiner speziellen Art eine Art mystisches Geheimnis mit hinein in seine Bilder. Das ist eher zu spüren als zu sehen.

Zeigen möchte ich Ihnen dazu das Waldbild, auf dem ein kleinerer eher buschiger Baum in seinem Herbstkleid in der Sonne steht. Er ist umgeben von den dickeren Stämmen seiner Kollegen, auf deren Rinde sich beinahe Gesichter zeigen. Mit geschlossenen Augen dösen die Bäume vor sich hin, um sie herum wirre Äste, die auf dem Boden liegen. Das Bild strahlt Ruhe und Geschlossenheit aus.
So wie es dort ist, ist es perfekt. Gerade und krumm, mit Blättern und ohne Blättern, buschig oder gerade und hoch. Himmel braucht es hier kaum, der Wald ist genug und er wirkt aus dem Bild heraus.

In Japan haben übrigens Untersuchungen gezeigt, dass der Aufenthalt in einem Wald gesundheitsfördernde Auswirkungen hat. Dort heißt das shinrin yoku, was übersetzt so etwas wie “Waldbaden” heißt.
Das Bild von Tobias Duwe ist ein Waldspaziergang für zu Hause. Es ist auch eine Erinnerung daran, dass Natur in ihrem puren Sein und Unaufgeräumtheit perfekt ist.

Als plein-air-Maler ist Tobias Duwe schon aus beruflichen Gründen draußen zu Hause und neben diesem wunderbaren “Geschenk” neuer Bordesholmer Bilder hat er uns hier vor allem auch Bilder vom Meer und Strand mitgebracht. Draufsichten auf Dünen oder Wasser sind dabei eher rar, unsere Blicke werden vor allem wieder durch die seitliche Sicht entlang der Wasserlinie geführt, dort, wo das Meer auf das Land trifft.
Möglicherweise ist das auch eine Metapher für sein Leben zwischen Frankreich und Schleswig-Holstein. Die Menschen am Strand bewegen sich zwischen den zwei Welten, ähnlich wie er selbst es tut zwischen den Ländern.
Sie knüpfen das Band durch ihr Tun am Strand. Beide Welten sind in das gleiche Licht gehüllt, das er wie kaum ein anderer zu malen versteht, ohne dabei in den Kitsch abzudriften (sogar bei den Sonnenuntergängen gelingt das).
Die Spielarten des Lichtes sind fesselnd und berührend zugleich. So etwas auf diese Art malen zu können ist Meisterschaft aus dem Herzen heraus.

(Maike Brzakala)

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