Mit Tobias Duwe, Hanna und Ulf Petermann begrüßen wir drei “alte Bekannte”, die uns an ihrer Entwicklung und ihren Wegen teilhaben lassen, während wir mit Meike Lipp eine für uns neue Künstlerin präsentieren.

Diese vier sind nicht wahllos ausgewürfelte Künstler/innen, sondern auch persönlich  auf unterschiedliche Art miteinander verbunden. 

Hanna Petermann ist die Tochter von Ulf Petermann, das ist eine familiäre Verbindung. Eine Wahlverbindung ist die zwischen Tobias Duwe und Meike Lipp, wobei dieser eine familiäre Verbindung voraus ging, denn Meike Lipp hatte Harald Duwe als Lehrer. 

Beide Letztgenannten sind zudem ein Teil der Künstlergruppe der Norddeutschen Realisten, die in Bordesholm seit ihrem Symposium hier und den Ausstellungen der letzten Jahre in der Galerie Göldner bestens bekannt sind. 

Teil dieser Gruppe war bis vor wenigen Jahren auch Ulf Petermann, bis er sich dafür entschieden hat, neuen Malaktivitäten nachzugehen.

Ich werde jetzt die KünstlerInnen der Reihe nach vorstellen, aber mich kurz halten, damit sie sich selber ein Bild machen können:

Meike Lipp

Meike Lipp studierte ab 1977 an der Fachhochschule für Gestaltung in Hamburg und bis 1981 an der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) in Hamburg, wo sie unter anderem von Harald Duwe und Gisela Bührmann unterrichtet wurde. Danach setzte sie ihr Studium von 1982 bis 1983 an der Rijksakademie in Amsterdam fort. Seit 1983 arbeitet sie als freiberufliche Malerin und hat seitdem an zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland teilgenommen. Meike Lipp ist zum ersten Mal in Bordesholm und wir freuen uns sehr darüber.

Ihr Stil lässt sich mit „expressivem Realismus“ beschreiben.

Sie bleibt zwar der realen Welt treu, indem sie Motive wie Landschaften, Alltagssituationen oder Städte aufgreift, aber sie ahmt sie nicht einfach nach wie im klassischen Realismus. 

Die Farben wirken auf den ersten Blick wie inwendig explodiert, doch wenn man einen Schritt zurücktritt und die Augen absichtslos auf den Bildern ruhen lässt, fügen sich die einzelnen Elemente wie in einem Kaleidoskop zu einem Bild  zusammen.

Meike Lipp findet das Abstrakte im Realen, nimmt also den gedanklichen Gehalt eines Motivs wie z.B. einen Baum oder eine Wiese und übersetzt es in verschiedene Pinselstrichvarianten von Grün. In unseren Augen werden diese Striche dann wieder zu einem Bild, ein Vorgang, der durch die Betrachtung geschieht. Das ist beinahe schon ein quantenphysikalischer Prozess.

Die Kräftigkeit der Farben weckt die sinnliche Wahrnehmung des Bildes, offenbart die Welt hinter den Farben und macht sie spürbar.

Nehmen Sie einmal das Bild mit der Katze. Ich brauchte einen Moment, um die Füße darin zu erkennen, doch kaum war es mir gelungen, spürte ich selbst das Fell der Katze unter meinen Fußsohlen und gleichzeitig das kühle Grün des Grases. Ich hörte das Schnurren, roch den Sommertag und fühlte die Sonne.

Expressiv auch die Bilder, auf denen Menschen Dinge tun wie baden, spazieren gehen oder Musik aus einer Konzertmuschel hören. Man muss oft schon genau hinsehen, um sie überhaupt wahrzunehmen. Und man kann sie auch gleichzeitig verschmelzen lassen und sich allein an den Farben erfreuen. Sie sind ein bunter Anteil der Szenerie , indem sie sie farblich ergänzen und vollenden.

Diese Bilder sind für mich großes Kino!

Nicht minder groß, aber anders in der Sprache zeigt sich Tobias Duwe.

Tobias Duwe entstammt aus einer 5-köpfigen Künstlerfamilie, in der für alle Familienmitglieder die zweite Muttersprache Malerei war oder ist.

Er studierte das Handwerk dann auch offiziell in Hamburg in der heutigen Hochschule für Angewandte Wissenschaften bei Prof. Tom Knoth und Prof.in Almut Heise und schloss sich bald darauf den Norddeutschen Realisten an.

2011 erhielt er den Verdienstorden des Landes Schleswig-Holstein, 2013 den Kunstpreis der Schleswig-Holsteinischen Wirtschaft für die Gruppe der Norddeutschen Realisten.

Tobias Duwe ist ein erklärtermaßen schneller Maler, der sich von einigen seiner Malolleg*innen unterscheidet. Im Vergleich zu Meike Lipp ist er zwar akribischer in der Technik, aber gleichzeitig viel weniger als andere Kollegen innerhalb der Norddeutschen Realisten. 

Er hilft sich dabei mit einem Trick, denn er lässt beim Malen seine Brille weg, damit er „nicht so viel sieht“, wie er es selbst ausdrückt. 

Weniger akribisch zu sein bedeutet jedoch nicht weniger präzise, denn auch ihm geht es um das Wesentliche in seinem Motiv.

Für Perspektive, Ausschnitt und schnelle Pinselstriche benötigt er eine unbedingte Genauigkeit in der Bewegung und im Kontakt des Pinsels mit der Leinwand. Das Ergebnis ist zwar ein realistisches Bild, aber kein genaues Abbild dessen, was vor ihm steht. Im Prozess des Malens erfährt das Motiv eine Transformation und geht in die Dynamik und Kraft über, die den Gegenstand umgibt.

Das Malen bannt nicht das Motiv auf die Leinwand, nein, sie entfesselt es. 

Schon seine Signatur trägt den Schwung des Pinselstrichs in sich und gibt noch eine kleine Extranote dazu.

Seine Bilder sind von vibrierender Harmonie

Nehmen wir einmal das Bild mit dem nach rechts geneigten Baum. Bevor unser Auge Ruhe an seinem Stamm findet, arbeitet es sich durch eher wilden Vordergrund. Ein Weg ist angedeutet durch die Farbe von Sand. Natürlich führt der in beide Richtungen, aber unser Auge wird auch hier nach rechts geführt. Die Bewegungsachse ist nun vorgegeben und dagegen gestellt fächert sich die übrige Landschaft auf. Die eben eingeführte Achse und unsere Blickrichtung werden gleich wieder gebremst durch einen angedeuteten Zaun.Von dem sieht man nur die Pfähle, keine Verbindungen dazwischen. Die zeigen mal links, mal nach rechts und teilen spielerisch den Vordergrund von dem Hintergrund. Dort sehen wir ein Haus, ganz bestimmt das real größte Objekt in der Szenerie, aber durch die Perspektive zum eher kleinsten geschrumpft. 

Inmitten aller Dinge, die sich hin und her bewegen, ist das Gebäude starr und hält unseren Blick fest.

Alles zusammen, Bewegungsachse, Perspektive, Teilung, Standhaftigkeit und nicht zuletzt der dynamische Strich des Malers selbst ergeben in ihrem Zusammenwirken einen Klang im Raum. Es sind miteinander verwobene Kräfte, die ganz und gar in Balance sind.

Bewegung ist auch das Thema von Ulf Petermann

Es kann  sogar als Ausdruck der inneren Bewegung und Entwicklung dienen, denn seine Motive haben sich gewandelt von Landschaften und Strandbildern hin zu Stadtbildern und Menschen in Bewegung.

Aus “mal mir mal ein Strandbild” ist in dieser Ausstellung sogar ein gemaltes Strandbild-Selbstzitat geworden, ein “Bild-im-Bild”-Bild.

Eine perfekte Brandung zeigt sich, noch einmal gebrochen durch die unterschiedlich groß gemalten Leinwände. Das Bild vom Bild liegt auf einem Untergrund, der Seegras in einer unsichtbaren Dünenlandschaft sein könnte oder auch nur eine abstrakte Brechung der landschaftlichen Ordnung sein kann.  

Eine andere Form von  Bewegung zeigt sich in den Stadtbildern von Ulf Petermann. Sie teilen sich sogar in unterschiedliche Wettersituationen und Tageszeiten auf. 

Die einen spielen sich in regnerischer Nacht ab- eine Motivwahl wie in einem Krimi oder Agentenroman. Die Menschen sind nur Skizzen in einer Szenerie, die überhaupt nur durch Straßenlaternen, Ampellicht und Autoscheinwerfer der Dunkelheit entrissen sind. 

Die Nacht selbst ist konturlos und könnte auf diesem oder irgendeinem anderen Planeten stattfinden. Aber alle Menschen wirken, als hätten sie zu tun und gehen ihren Weg. Sie haben einen Ort, von dem sie kommen und einen, wohin sie gehen. Und wenn sie stehen, suchen sie nach Orientierung, um ihren Weg fortzusetzen. Die meisten sind auf ihrem Weg durch die Dunkelheit mit Mützen oder Hüten ausgestattet und darin sehe ich eine Botschaft von Geborgenheit, trotz eher widriger Umstände.

Ganz neu in Ulf Petermanns eigener Bewegung sind seine Bilder von rostigen, festen Toren.

Sie nehmen Raum ein und wirken durch den gewählten Ausschnitt  des Abbilds wie abstrakte Gemälde. 

Wir stehen ebenso wie der Künstler vor dem Tor und können uns entscheiden, ob wir uns darauf einlassen und hindurchdenken oder nicht.

Ulf Petermann erfindet sich als Künstler gerade beeindruckend neu und nimmt uns mit diesen Bildern mit auf seine Reise.

Gleich zu mehreren Zielen in künstlerischer Doppelbegabung unterwegs war Hanna Petermann, bis sie sich ganz auf die Malerei konzentrierte.

Sie startete zunächst als Flötistin und Kammermusikerin, war auf vielen Bühnen im In- und Ausland unterwegs und wurde mit Preisen und Stipendien großzügig bedacht.
Sie war aber auch Schülerin ihres Vaters und konnte ihre künstlerische Begabung auch im Bereich des Malens und Zeichnens ausbilden und fortentwickeln. 

Den Grund ihrer heutigen Abwesenheit findet sich übrigens auf dem Bild mit den vier Schuhpaaren, die in einem Hausflur in Augsburg stehen.  Zwei Paar davon sind noch sehr klein und die Entfernung nach Bordesholm ist noch zu groß.

Neben Stillleben, Landschaften und Blumen malt sie vor allem Musik. Sie porträtiert die Bewegung und die gleichzeitige Versunkenheit von Musikerinnen und Musiker, während sie dabei auch die Flüchtigkeit der Musik oder als ganz neue Serie – die des Balletts – selbst einfängt. 

Ihr Strich ist fein und grazil, die Farben ebenso. Die Griffe und Bewegungen auf den Instrumenten sind nicht irgendwie, sondern genauso wie sie sein müssen zu dieser punktgenauen Note. 

Für Hanna Petermann ist Takt, Zeit und Genauigkeit eine weitere Größe in der Malerei. Sie wird damit zur Geschichtenerzählerin mit ihren Bildern. Wenn Sie sich still davor stellen, können Sie sie hören.

Ulf Petermann

Meike Lipp

Tobias Duwe

Hanna Petermann

Datenschutz
Galerie Göldner, Inhaber: Katrin Göldner (Firmensitz: Deutschland), würde gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl:
Datenschutz
Galerie Göldner, Inhaber: Katrin Göldner (Firmensitz: Deutschland), würde gerne mit externen Diensten personenbezogene Daten verarbeiten. Dies ist für die Nutzung der Website nicht notwendig, ermöglicht aber eine noch engere Interaktion mit Ihnen. Falls gewünscht, treffen Sie bitte eine Auswahl: