Vernissage ist am Samstag, dem 5. September um 17.30 Uhr. Die Ausstellung geht bis zum 3. Oktober 2015.
Jan-Olav Hinz wurde 1957 in Stuttgart geboren. Er studierte 1980 bis 1986 an der Muthesius Hochschule in Kiel Bildhauerei bei Jan Koblasa und Graphik bei Eckhart Thieme.Seit 1984 ist er regelmäßig an Landesschauen in Schleswig­-Holstein beteiligt. Er gewann ab 1993 Wettbewerbe zur Kunst im öffentlichen Raum und wurde 1998 Preisträger im Wettbewerb „Verbotene Städte“ des Landes Schleswig-­Holstein. Seit 2009 entsteht ein eigenständiges fotografisches Werk. Jan­-Olav Hinz lebt und arbeitet in Schönbek.

Die Eröffnungsrede zur Ausstellung

„Jan- Olav Hinz ist einer der Künstler, die im Umfeld von Bordesholm zu Hause sind. Er studierte an der Muthesius Kunsthochschule in den 80er Jahren und zwar Bildhauerei bei Jan Koblasa und Graphik bei Eckhart Thieme

Seitdem arbeitet und lebt er als freiberuflich bildender Künstler, der sich vor allem als Bildhauer mit Werken im öffentlichen Raum einen Namen gemacht hat.
Seit 2009 nimmt er sich mit seinem fotografischen Werk den öffentlichen Raum selbst vor und schafft darin eine Form von Aufmerksamkeit und Privatheit, von Fläche und Form, Licht und Schatten, die die pure Zweidimensionalität um die angeschobene, mitgedachte Geschichte erweitert.
Warum wird aus einem BildHAUER ein BildKLICKER?
Der Künstler selbst sagt dazu schlicht »Weil es einfacher und unkomplizierter geht« Das hat mir in der Sekunde eingeleuchtet.
Seine Kamera, mit der er unterwegs ist auf seinen Stadtspaziergängen, ist klein und kompakt. Alles an ihr, was automatisch geht, ist ausgeschaltet. Sie soll nur Bilder machen, sonst nichts. Keine Schärfe ergibt sich automatisch, kein Autofokus verfolgt das Ziel, keine Gesichtererkennung sucht ein Lachen in den Gesichtern fremder Menschen. Angesichts heutiger Möglichkeiten ist das ein puristischer Ansatz des Kunstschaffens.
Diese Einfachheit setzt sich dann fort in der Bearbeitung des Fotos, denn es gibt so gut wie keine.. Von den zigtausend Möglichkeiten heutiger Bildbearbeitungsprogramme braucht Jan-Olav Hinz nur das Crop-Werkzeug. Es wird nur der Ausschnitt bestimmt, sonst nichts.

Die Fotografie ist die einzige Kunstform, die einen rasanten Prozess wirklicher Demokratisierung durchlaufen hat- jede und jeder fotografiert heutzutage, immerzu und überall. Dazu braucht es keine mehr teure Technik, die man zenternerschwer mit sich herumtragen muss, denn in jedem Smartphone ist eine mittlerweile eine brauchbare Kamera verbaut. Und mehr noch: das Mit-Teilen der Fotos an die Welt geht beinahe selbst so schnell wie das Auslösen selbst. Mit Fotos teilt man sich heutzutage der Welt mit, sie sind Vokabeln geworden , beschreiben, was man gerade tut, wo man gerade ist, was man vor sich auf dem Teller hat oder welches Event man gerade in der Offlinewelt mit anderen Menschen teilt. Ganze soziale Netzwerke sind daraus entstanden und sammeln dieses Material und bauen daraus ihr eigenes Universum.
Im Zentrum dieser Art von Fotos steht das Ich, diese Art von Bildern rufen seinen Betrachtern ein »Seht gefälligst her!« zu.

Manche sagen, dass Fotos nun endgültig in die Beliebigkeit abgefallen ist. Sie sind so beliebig geworden, dass man die meisten nur noch kurz in seiner Timeline irgendeines Netzwerkes scannt…
Unter diesen Umständen ist es für eine Galerie ein Wagnis, Fotografie auszustellen ist ein Wagnis, denn neben der permanenten Fotodokumentation eigenen Lebens, prasseln auch Medien und Marketing mit Bilder auf uns ein. Sie flüstern Verführung oder gaukeln Wahrheit vor.

Warum macht diese Galerie es trotzdem? Was unterscheidet das allgegenwärtige Foto von einem dieser Fotos, die hier hängen?
Das Offensichtliche zuerst: sie sind gedruckt, dem Digitalen entrissen und hängen an der Wand. Aus vorher unsichtbaren Daten ist Papier geworden, es ist das gedruckte fotografische Wort aus ihnen geworden.
Außerdem sind sie limitiert. Es gibt und wird nur geben 7 Ausdrucke pro Bild.
Sie sind auch nicht besonders groß und das kennt man kaum von Fotoausstellungen.
Ich habe Jan-Olav Hinz gefragt, warum es so ist und er sagte, dass auf diesem Stück Papier schon die ganze Geschichte erzählt ist.
Es braucht nicht mehr Information auf noch mehr Platz.
Im Gegenteil: größere Bilder zwingen zu Abstand und Distanz, ihm geht es ums Näherkommen und Hinsehen. Und man muss schon nahe herantreten, damit man die Geschichte überhaupt erkennen kann.
Das allein ist Statement, denn die meisten von uns scannen ihre Umgebung nur noch – was anderes bleibt nicht in der Bilderflut. Wir hetzen von Bild zu Eindruck und glauben, nun alles gesehen zu haben und bestens informiert zu sein.
Wir werden durch das kleine Format diesem Schneller-Mehr-Malstrom entrissen, unsere Wahrnehmung wird zur Vollbremsung gezwungen. Aus einem Zustand hektischer Unbewusstheit reisen wir mit Hilfe dieser Fotos in stille Bewusstheit.
Hinzu kommt eine Neugier und Aufmerksamkeit, eine andere Form von Sog, die nach der Geschichte des Bildes forscht und ihr dann zusieht. Das sonst so laute »Seht gefälligst her« wird zum leisen »Höre mir bitte einen Augenblick lang zu«.

Die Geschichte des Bildes, wie Jan-Olav Hinz sie sah und unsere Geschichte müssen dabei nicht die gleiche sein. Das ist auch nicht wichtig, denn tatsächlich entsteht Kunst zweimal. Einmal durch den Künstler selbst und dann noch einmal durch den Betrachter und die Betrachterin.

Nehmen wir das Bild von der älteren Frau im roten Regenmantel. Im ersten Drittel links zeigt es eine Frau und einen Mann. Die Brücke im Hintergrund sagt uns, dass wir uns in Venedig befinden. Der Mann dreht sich zu einer älteren Frau hinter sich um, die ein rotes Regencape trägt. Niemand sonst muss sich gegen den Regen schützen.
Das ist farblich wunderbar akzentuiert, aber ich muss dabei sofort an die Verfilmung von Daphne de Mauriers »Wenn die Gondeln Trauer« denken. Die kleine Gestalt im roten Cape,

Verfolgungsjagden, tödliche Gefahr,…Im Original heißt der Film auch noch »Don’t look now«. Und was macht der Mann hier auf dem Foto? Genau das, …
Für mich steigert Jan-Olav Hinz die Spannung, indem er uns über die Schulter eines Mannes blicken lässt, der unscharf die rechte untere Bildhälfte einnimmt. Der hochgeschlagenen Kragen und ein angedeuteter Hut fantasieren nun noch einen Geheimagenten hinzu. Niemand sonst auf diesem Bild ist sich der gefährlichen Situation bewusst. Alle anderen Menschen sind mit anderen Dingen beschäftigt, das Spannungsdreieck funktioniert.
Welche Geschichte sehen Sie?
Oder nehmen wir etwas ganz Anderes: In einem der anderen Bild fliegt ein schwarzer Vogel durch das Bild.

dohle

Das Bild ist hauptsächlich grau und es ist diesig. Auf den ersten Blick sieht es ein wenig belanglos aus, oder?
Aber auch dieses Foto hat eine Flüstergeschichte und funktioniert nur in dem Moment des Auslösens. Der Vogel fliegt auf Linien, die in der Perspektive eine Luftautobahn ergeben.Die visuelle Verbindung der Flügel mit den Stromleitungen schafft die Verbindung, durch den Flug kommt die Dynamik hinein. Es ragt noch ein Kran von links in das Bild, den es zumindest in meiner gesehenen Geschichte nicht braucht. Der Künstler lässt ihn aber drin- vielleicht kann wer anders den Kran brauchen für seine Geschichte?
Unten rechts ist im Anschnitt ein Schriftzug der Firma Dole zu sehen. Das ist eine Firma, die weltweit Früchte anbaut. Bananen, Ananas, Himbeeren,… gleichzeitig ist es im Sprechen eine Bezeichnung für diesen Vogel. Und schon ist dieses Bild auch ein eine Geschichte, oder?

Beobachten ist ein elementar dichterischer Vorgang, sagte Friedrich Dürrenmatt einmal. Und wenn aus der Beobachtung die Abbildung wird, dann ist Kunst auf ihre nächste Stufe gehoben. Es gilt ganz besonders für die Bilder von Jan-Olav Hinz seiner Ausstellung »Stadtspaziergang«. Der Titel könnte auch »Stadtgespräche« lauten, so viele Geschichten und Erzählen sind hier an der Wand und in der Luft.
Waren in den eingangs erwähnten Überall-Fotos die Einzelbilder die Vokabeln, verdichten sich in den Fotos dieser Ausstellung ganze Erzählungen im Innerste der Bilder.
Ich bin gespannt darauf, welche Geschichten Sie in diesen Bildern sehen und wünsche Ihnen nun einen angenehmen Rundgang.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“
Die Eröffnungsrede hielt Maike Brzakala

Bisherige Ausstellungen von Jan-Olav Hinz:

Einzelausstellungen

1987 Balance; Städtische Galerie, Kiel
Durchgang; Kunsthalle zu Kiel (Studio)
1989 Aufwärts; Atelierhof, Bremen 1990 schwankende Gestalt; Galerie Sfeier-Semler, Kiel Weg; Kunst Büro Berlin, Berlin
1996 Zeichnungen, Hermann-Ehlers-Akademie, Kiel 2000 Glocke; Klanginstallation, Goethestraße, Kiel
2006 Auf weichem Grund; Bürgergalerie, Neumünster
2007 Selbst; Hans Kock Stiftung, Kiel

Arbeiten im öffentlichen Raum

1993 Gedankengang; Amtsgericht, Schwarzenbek Wasserspiel; Markt, Plön
1997 Energiefeld; Wasserspiel, Hamburgerstr., Bad Segeberg 1999 Lotte turnt; kinetisches Objekt, Grundschule, Stockelsdorf 2000 Wasser-Klang; Wasserspiel, Hörnerkirchen 2001 Das große Boot; bespielbares, kinetisches Objekt, Theodor-Storm- u. Ernst-Barlach-Schule, Wedel
2003 Maskenball; bespielbares, kinetisches Objekt; Heinrich-Harms-Schule, Bosau
Dreiklang; Klosterinsel, Bordesholm
2004 Im Fluss; Lindenschule, Bordesholm
2006 Hinaus; windkinetisches Objekt, Schule Langelohe, Elmshorn 2007 Am Bach,; bespielbares Wasserspiel, Albert-Schweizer-Schule, Barmstedt
Glockenwippe; bespielbares Klangobjekt, Börnsen
2008 Erdohr; Förderzentrum, Heideweg-Schule, Appen-Etz

Gruppenausstellungen (Auswahl)

1984 Steinsymposion unter Leitung von Bårt Breivik in Boalt, Südschweden;
Arche Noah, Bildhauersymposion, Hallig Hooge;
31. Landesschau des BBK-SH, St.-Annen-Museum, Lübeck; Diabas, Kunsthalle Malmö, Stadtgalerie Kiel, Kunstmuseum Odense, Gemeinde Broby 1985 Forum Junger Kunst `85, Museum Bochum, Städtische Galerie Wolfsburg;
Arche Noah, Brunswiker Pavillon, Kiel
1989 Kunstforum Nord, Kunsthaus Hamburg; Schleswig-Holsteiner Künstler, Tallin; 36. Landesschau, Kunsthaus, Itzehoe
1990 Begegnung, Kunsthalle Rostock; 37. Landesschau, Kunsthalle zu Kiel 1991 Ausstellung zum Gottfried-Brockmann-Preis 1991, Stadtgalerie Kiel; Bundesauswahl zum „Villa Massimo Stipendium“ Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen
1993 Kunst der Gegenwart, Schloss Plön 1995 Entwürfe zum Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Berlin; Bildhauer in Schleswig-Holstein, Galerie 17, Neumünster; 42. Landesschau, Landesmuseum Schleswig 1998 Verbotene Städte, CAP Kiel, Folgwang-Hochschule Essen 1999 [´duali:tet], Rendsburg (D), Odense (DK) 2000 DIS>PLACED, Kiel; NORDART 2000, Büdelsdorf 2004 Skulptur in Bissee
51. Landesschau, Ernst-Barlach-Museum, Wedel
2005 Kunst um den Block, Vertikal, Kiel
52. Landesschau, Museum Burgkloster, Lübeck
2006 53. Landesschau, Museumsberg, Flensburg
2007 Auswahl Schleswig_Holsteiner KünstlerInnen, Galerie Skårer, Oslo
2008 Landesgartenschau Schleswig
2009 Graphik-Objekte, Ateliergemeinschaft 90°, Kiel
2011 58. Landesschau, Elbeforum, Brunsbüttel Spuren, Atelier Koj, Mielkendorf
2012 Länderwechsel, Landesregierung, Kiel
2013 60. Landesschau, Schloß Gottorf, Schleswig
2014 Skulptur in der Landschaft, Bissee

 

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